Besitzerverhalten beeinflusst wie genau und aufwändig Hunde kommunizieren
Menschliche Kommunikation ist durch das Prinzip des geringsten Aufwandes und durch vorherige Kommunikationserfahrungen gekennzeichnet, Hundekommunikation wird hingegen vor allem durch ihre Besitzer beeinflusst.
Hunde passen ihre kommunikativen Strategien an die jeweilige Situation an – dabei beeinflusst das Verhalten ihrer Besitzer sowohl den Aufwand als auch den Erfolg der Kommunikation. Zu diesem Ergebnis kommt eine experimentelle Studie von Forschenden des Jenaer Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte und der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Dagegen ergaben sich keine Hinweise darauf, dass Hunde – ähnlich wie Menschen – auf vorherige Kommunikationserfahrungen zurückgreifen oder dem Prinzip des geringsten Aufwandes folgen. Die Ergebnisse legen auch nahe, dass das Verhalten des Besitzers einen größeren Einfluss auf die Kommunikation bei Hunden hat als bisher angenommen.
In der menschlichen Kommunikation haben sich Prinzipien entwickelt, die in allen Kulturen und Sprachen beobachtet werden können. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir in der aktuellen Kommunikation Erfahrungen aus voran gegangenen Gesprächen nutzen und dass wir dem Prinzip des geringsten Aufwandes folgen. Diese Faktoren ermöglichen es uns zum einen, mit einem Gesprächspartner gemeinsame Informationen über die Vergangenheit und Gegenwart zu nutzen und zum anderen Energie zu sparen. Damit tragen diese Faktoren dazu bei, die Kommunikation effektiv und effizient zu gestalten. Angesichts der bemerkenswerten Empfänglichkeit von Hunden für menschliche Sprache, Gesten und Blicke wurde die sogenannte „Domestikationshypothese“ entwickelt. Sie geht davon aus, dass 30.000 Jahre Domestizierung und Koevolution mit dem Menschen dazu geführt haben könnten, dass Hunde ähnliche Kommunikationsprinzipien entwickelt haben wie wir.
Auf dieser Grundlage führte das Forschungsteam eine Studie durch, um zu untersuchen, wie Hunde und Besitzer miteinander über ein verstecktes Spielzeug kommunizieren. Dabei beobachtete das Team ein typisches kommunikatives Verhalten des Hundes, das als „Anzeigeverhalten“ bezeichnet wird. Die Hunde müssen dafür die Aufmerksamkeit ihres menschlichen Kommunikationspartners gewinnen und auf ein externes Objekt – das versteckte Spielzeug – lenken. An der Studie nahmen 30 Hund-Besitzer-Paare teil.
Während der Besitzer in einem anderen Raum wartete, wurde vor den Augen des Hundes dessen Lieblingsspielzeug in einer von vier Boxen versteckt. Nachdem der Besitzer den Raum betreten hatte, sollte der Hund ihm zeigen, in welcher Box sich das Spielzeug befand. Gelang es dem Paar, diese Aufgabe zu lösen, durfte es zur Belohnung spielen. Getestet wurden die Paare unter zwei Bedingungen: entweder waren die Boxen eng nebeneinander aufgestellt, dies erforderte also ein präzises Zeigen des Hundes, oder sie standen weiträumig, so dass das Anzeigen nicht so genau sein musste.
Die Forschenden fanden keine Hinweise darauf, dass sich die Hunde das Prinzip des geringsten Aufwandes zunutze machten, da sie in beiden Bedingungen mit gleich viel Anstrengung kommunizierten. Dies könnte jedoch auf den Einfluss der Besitzer zurückzuführen sein, die sie ermutigten. Außerdem war das Verhalten der Hunde nicht durch verschiedene vorherige Kommunikationserfahrungen beeinflusst. In beiden Bedingungen erbrachten sie ähnliche Leistungen und verbrauchten ähnlich viel Energie – unabhängig davon, ob sie mit der einfachen oder der schwierigen Bedingung begonnen hatten. Doch trotz des ähnlichen Aufwandes in beiden Bedingungen passten die Hunde ihr Anzeigenverhalten an die Situation an, sie zeigten dann präziser, wenn es nötig war.
Dog Showing Experimental Procedure from MPI-SHH / Scientific Services on Vimeo.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein entscheidender Faktor, der den Aufwand und die Genauigkeit des Anzeigens bei den Hunden beeinflusst, das Verhalten des Hundebesitzers ist. Wenn Besitzer ihren Hund besonders oft dazu ermutigten, anzuzeigen, wo das Spielzeug versteckt ist, dann erhöhte das Tier auch den Aufwand beim Zeigen – zum Beispiel, indem er bei der Box hochsprang. Allerdings zeigten die Hunde dann auch oft falsch an.
"Wir wissen aus früheren Studien, dass wir, wenn wir Augenkontakt mit dem Hund herstellen und mit hoher Stimme sprechen, anscheinend den Hund in eine 'Hab-Acht-Stellung' bringen. Dadurch wird der Hund bereitwillig unseren Befehlen folgen. Wenn die Besitzer ihre Hunde also fragten 'Ist das Spielzeug da?' und auf die Boxen zeigten, könnten sie die Hunde veranlasst haben, einfach irgendeine Box zu zeigen", sagt Melanie Henschel, Erstautorin der Studie.
Das Forschungsteam konnte bei den Hunden zwar weder das Prinzip des geringsten Aufwandes, noch den Einfluss durch voran gegangene Kommunikationserfahrungen nachweisen, jedoch zeigte die Studie zum ersten Mal, dass die Besitzer die Genauigkeit und den Aufwand des Anzeigens ihres Hundes beeinflussen können.
"Wir waren wirklich überrascht, dass Ermutigung die Anzeige-Genauigkeit der Hunde negativ beeinflusst. Dies könnte Auswirkungen auf die Ausbildung von Hunden und Hundeführern haben, besonders wenn professionell mit den Tieren gearbeitet wird. Künftige Studien sollten den komplexen Einflusses des Besitzers auf den Hund genauer untersuchen. So lassen sich Strategien entwickeln, wie Hundeführer am besten mit ihrem Tier kommunizieren sollten ", fügt Juliane Bräuer, Seniorautorin und Leiterin der HundeStudien am Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena.