Multinationales Forschungsteam entwickelt neue Qualitätsstandards zur Analyse alter Proteine
Das neue Forschungsgebiet der Paläoproteomik, das modernste Techniken zur Analyse alter Proteine nutzt, entwickelt sich rasant. Die Definition von Qualitätsstandards und Vorschriften soll nun dazu beitragen, die neue Disziplin auf eine solide Grundlage zu stellen.
Ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Institutionen, die an der Spitze des noch jungen Fachbereichs der Paläoproteomik stehen, hat Richtlinien veröffentlicht, um für ihre Disziplin eine solide Grundlage zu schaffen. Von ausgestorbenen Arten über menschliche Ernährung in der Vergangenheit bis hin zur Evolution von Krankheiten – alte Proteine helfen bei der Erforschung dieser und anderer Fragestellungen. Der in der Fachzeitschrift Nature Ecology & Evolution veröffentlichte Leitfaden zielt darauf ab, gute Praktiken zu unterstützen und die Erzeugung solider, reproduzierbarer Ergebnisse sicherzustellen.
Das Forschungsfeld der Paläoproteomik – die Analyse alter Proteine – ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt. Die alten Proteine, die zehnmal länger erhalten bleiben als DNA, eröffnen einen einzigartigen Einblick in die ferne Vergangenheit. Neue Technologien haben diese Arbeit immer leistungsfähiger gemacht, die Ergebnisse werden immer detaillierter. So können jetzt Spuren von Proteinen aus archäologischen Funden verwendet werden, um die Beziehungen bereits ausgestorbener Tierarten (Megafauna) zu rekonstruieren, die Verbreitung der Milchwirtschaft in der Vorgeschichte zu verfolgen und die Immunreaktionen bei Menschen zu charakterisieren, die vor Tausenden von Jahren starben. Dies ermöglichte es der Forschung, eine Reihe von Fragen besser zu beantworten – von der Evolution ausgestorbener Arten über die Rekonstruktion vergangener menschlicher Ernährungsweisen bis hin zu einem besseren Verständnis chronischer Krankheiten.
Richtlinien, die einem neuen Forschungsfeld Kohärenz verleihen
Als junge Disziplin steht die Paläoproteomik nun vor ähnlichen Hindernissen wie einst das Forschungsfeld der Paläogenetik, die Analyse alter DNA: eine mangelnde Kohärenz bei den Datenberichtsstandards, Authentifizierungsmaßnahmen und Verfahren zur Vermeidung von Verunreinigungen. Ohne strenge Standards können Laborverunreinigungen und Datenartefakte leicht falsch interpretiert werden, was wiederum zu falschen Ergebnissen führt. In ihrer aktuellen Veröffentlichung führen die Autoren und Autorinnen eine Reihe von „Best Practice“-Abläufen für die Probennahme sowie die Generierung und Analyse von und die Berichterstattung über alte Proteinsequenzdaten in der wissenschaftlichen Literatur an, um die wissenschaftliche Arbeit sowie den Begutachtungs- und Veröffentlichungsprozess zu unterstützen. . Das Team ist erstklassig, denn ihm gehören Mitglieder der international führenden Universitäten und Institute an, die auf diesem neuen Gebiet forschen, darunter das Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, das Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, die Universität von Kopenhagen, die Universität von York, die Universität Turin, die Universität Oklahoma und die Universität Zürich / ETH Zürich.
Ziel des Forschungsteams ist es dabei nicht, starre, unnachgiebige Regeln zu schaffen oder bereits existierende Standards umzuwerfen, sondern die vorhandenen „Best Practice“-Abläufe des Forschungsfeldes zu konsolidieren und zu stärken. „Wenn wir nun neue labortechnische und statistische Strategien für die Charakterisierung von Proteinen vorstellen, werde diese Richtlinien zweifellos innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft diskutiert und auch weiter optimiert werden“, erklärt Frido Welker vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, einer der beiden führenden Autoren des Artikels. „Wir hoffen jedoch, dass die hier vorgestellten Praxisstandards dazu beitragen werden, die Paläoproteomik auf eine solide Grundlage für die Anwendung in einer Vielzahl von Bereichen zu stellen.“
Das Potenzial neuer Methoden ausschöpfen
Insbesondere wird in dem Artikel die Forderung formuliert, dass Publikationen wenigstens ausreichende Informationen dazu liefern müssen, wie Daten generiert und authentifiziert wurden, damit andere die Ergebnisse effektiv bewerten können. „Die Paläoproteomik hat ein enormes Potenzial, die archäologische, paläontologische und evolutionäre Forschung dramatisch zu erweitern“, erklärt Ko-Autorin Jessica Hendy vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte. „Es ist entscheidend, dass sich die Disziplin hohen Qualitätsstandards stellt, um dieses Potenzial voll auszuschöpfen.“